Wer sind die Schiiten und was sagen sie?

Lektion 4: Göttliche Gerechtigkeit, das zweite Prinzip des schiitischen Glaubens

Im Namen Gottes

Wer sind die Schiiten und was sagen sie?

Basierend auf den Worten von: Masoud Basiti

Zusammengestellt von: Zahra Moradi

Übersetzung: Fireba Atakhan

   

Im Laufe der Lektion "Wer sind die Schiiten und was sagen sie?" werden wir die Entstehung des Schiitentums untersuchen, die Grundlagen des schiitischen Glaubens erörtern und den wahrhaftigen Islam vorstellen.

 

Lektion 4: Göttliche Gerechtigkeit, das zweite Prinzip des schiitischen Glaubens

In der vorherigen Lektion wurde das erste Prinzip des schiitischen Glaubens, Tawhid, besprochen. Tawhid bedeutet, dass Gott der Einzige ist und dass er bei der Erschaffung der Welt keine Gefährten hatte. Gott wurde weder geboren, noch hatte er ein Kind. Er hat keine Ähnlichkeiten mit seiner Schöpfung. Er kann weder mit den fünf Sinnen, noch mit dem Verstand, noch mit der Vorstellungskraft, noch mit dem Aql, noch mit anderen Mitteln beschrieben oder erkannt werden. Hätte Gott selbst uns nicht durch Marifat Fitri seine Anerkennung zuteil werden lassen, und hätte Er uns nicht Gesandte geschickt, um sich den Menschen zu offenbaren, hätten wir Ihn niemals erkannt.

Er ist die absolute Macht im Universum. Seine Macht ist durch keine Handlung oder Veränderung beschränkt, und Er kann jederzeit ein bestimmtes Schicksal durch ein anderes ersetzen. Dieser wichtige Glaube wird Bada genannt. Infolge dieses Glaubens wissen die Schiiten, dass Gott immer über sie wacht und sich ihrer Gedanken, Absichten, Handlungen und ihres Verhaltens bewusst ist. Die Schiiten wissen, dass Gott immer in der Lage ist, alles zu tun. Daher befinden sie sich in einem ständigen Zustand der Hoffnung und der Ehrfurcht vor Ihm. Andere Menschen sind vor den Gedanken, Handlungen und Worten einer schiitischen Person sicher und erwarten von ihr Freundlichkeit und Güte. Jeder einzelne Schritt, den diese Person im Leben tut, wird auf dem Pfad der Wahrheit und in Übereinstimmung mit dem Aql sein. Diese Person wird die Zufriedenheit Gottes ihren eigenen Wünschen vorziehen.

In dieser Lektion werden wir das zweite Prinzip des schiitischen Glaubens diskutieren.

   

Das zweite Prinzip im schiitischen Glauben: Göttliche Gerechtigkeit

Das Thema "göttliche Gerechtigkeit" nimmt in den schiitischen Lehren einen besonderen Platz ein. Die göttliche Gerechtigkeit ist sowohl mit Tawhid als auch mit Ma'ad [Auferstehung] verbunden. Dieses Thema hat einen großen Einfluss auf die Sichtweise des Menschen auf die Welt und die Art und Weise, wie er sich gegenüber seinem Schöpfer und der Welt verhält.

Die meisten Menschen definieren Gerechtigkeit als Gleichheit und das Nichtverletzen der Rechte anderer. Für sie ist ein gerechter Mensch jemand, der die Rechte anderer nicht missachtet. Diese Definition von Gerechtigkeit kann im Zusammenhang mit menschlichen Beziehungen nützlich sein. Sie kann jedoch nicht verwendet werden, um "göttliche Gerechtigkeit" zu definieren. Gott ist kein mächtiger, weiser Mensch. Er ähnelt weder den Menschen noch irgendeinem anderen Wesen in irgendeiner Weise. Die Begriffe "Rechte" und "Würdigkeit", die im Zusammenhang mit dem Menschen verwendet werden, sind auf den Allmächtigen nicht anwendbar.

Welche Rechte können wir schwachen und unvollkommenen Geschöpfe gegenüber dem allmächtigen Gott haben, der uns alles, was wir besitzen, aus seiner Gnade und Barmherzigkeit gegeben hat? Vergessen Sie nicht, dass wir nicht existierten und nichts waren. Gott hat uns kein Recht geschuldet, uns existieren zu lassen. Das Geschenk des Lebens durch unseren lieben Gott geschah nur aus seiner Gnade und Barmherzigkeit. Außerdem hat Gott uns nicht nur erschaffen, sondern unterstützt uns auch jeden Augenblick. Wir haben keine unabhängige Existenz von ihm. Ohne seine kontinuierliche, von Augenblick zu Augenblick erfolgende Unterstützung würden wir in einen Zustand des Niemandseins zurückfallen. Er versorgt uns jeden Augenblick mit einem Segen nach dem anderen, nicht weil wir es verdient hätten, sondern weil Er barmherzig ist.

Nach der schiitischen Lehre war die Grundlage der Schöpfung die Gnade und Gunst Gottes. Wir haben keinen Anspruch darauf, zu existieren oder mit Segnungen beschenkt zu werden. Der Prophet der Barmherzigkeit, Mohammad (Friede sei mit ihm), rief Gott folgendermaßen zu::

"Oh, der du begannst, Segen zu spenden, als es noch keinen gab, der es verdient hätte!"[1]

Kein erschaffenes Wesen hat also ein Recht auf irgendetwas vom allmächtigen Schöpfer, das er zu erfüllen verpflichtet ist, um seine Gerechtigkeit zu zeigen. Wir stehen in absoluter Schuld gegenüber demjenigen, der uns alle Segnungen verliehen hat. Wenn Gott es unterlässt, uns einen bestimmten Segen zu gewähren, bedeutet das nicht, dass ein Recht von uns verletzt worden ist[2]. Welche Bedeutung hat die göttliche Gerechtigkeit angesichts der vorangegangenen Diskussion?

   

Gerechtigkeit bedeutet, nicht zu unterdrücken

Vielleicht lässt sich die Bedeutung von "göttlicher Gerechtigkeit" am genauesten und vollständigsten verstehen, wenn man sich auf die Bedeutung ihres polaren Gegenteils, der "Unterdrückung", konzentriert.

Alle Menschen verstehen von Natur aus, dass "Unterdrückung" schlecht ist. Kein Mensch, nicht einmal derjenige, der andere unterdrückt, mag es, unterdrückt zu werden. Dieses Verständnis beruht auf dem Vejdan. Unterdrückung ist abscheulich. Und ein solch abscheuliches Verhalten kann nicht von Gott kommen. Der Allmächtige ist rein von jeglicher Unterdrückung. Unterdrückung entspringt der Schwäche. Sie ist der bedauernswerte Ausweg desjenigen, der das, was er will, nicht auf andere Weise erreichen kann. Doch Gott hat keine Schwäche und kein Bedürfnis, das er durch Unterdrückung anderer kompensieren würde. Imam Sajjad (AS), der vierte Nachfolger des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm), bringt diesen Sachverhalt in seinem Flüstergebet zum Ausdruck,

"Wahrlich, ich weiß, dass es keine Unterdrückung oder Grausamkeit in Deinen Befehlen gibt ... und in der Tat ist jemand, der schwach ist, auf Unterdrückung angewiesen, und Du, mein Gott, bist höher und edler als das [als Unterdrückung aus Schwäche]"[3].

Der Heilige Koran weist die Vorstellung zurück, dass Gott überhaupt unterdrücken will, indem er sagt,

"Und Gott wünscht keine Ungerechtigkeit gegenüber den Weltenbewohnern"[4].

"Wahrlich, Gott unterdrückt nicht einmal so viel wie das Gewicht eines Teilchens"[5].

Der Glaube an die göttliche Gerechtigkeit ist also gleichbedeutend mit der Annahme, dass Gott niemals jemanden unterdrücken wird.

Welche Handlungen des allmächtigen Schöpfers, der der Herr seiner Schöpfung ist, würden als Unterdrückung angesehen werden? Ist Er nicht der Besitzer der Macht über seine gesamte Schöpfung? Kann Er sich Seinen Dienern gegenüber nicht beliebig verhalten, ohne dass jemand das Recht hat, Ihn zur Rechenschaft zu ziehen? Wir lesen im Heiligen Koran:

"لا يُسْئَلُ عَمَّا يَفْعَلُ وَ هُمْ يُسْئَلُون"

"[Gott] wird nicht befragt werden für das, was er tut, aber sie [die Menschen] werden befragt werden"[6].

"أَنَّ اللَّهَ لَيْسَ بِظَلَّامٍ لِلْعَبِيد"

"Gewiss, Gott ist kein Unterdrücker gegenüber seinen Dienern"[7].

Dieser Punkt ist von entscheidender Bedeutung: Der Glaube, dass Gott gerecht und erhaben über jede Unterdrückung ist, ist Teil des Tawhid. Wenn man bedenkt, dass Gott im Heiligen Koran ausdrücklich betont, dass Unterdrückung abscheulich ist, und dass er befiehlt, sich von Unterdrückern fernzuhalten[8], dann reicht schon die Vorstellung, dass Gott gegenüber seinen Dienern ungerecht sein könnte, um den Glauben an Tawhid zu beschädigen. Imam Sadiq (AS), der sechste Nachfolger des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm), erklärte:

"Die Grundlagen der Religion sind Tawhid und Gerechtigkeit. Gerechtigkeit bedeutet, dass ihr das, wofür Er euch bestraft hat [abscheuliche Taten wie Unterdrückung], nicht mit Ihm in Verbindung bringt"[9].

  

Das Problem der göttlichen Gerechtigkeit und der Unterschiede in der Schöpfung

Wenn jemand blind geboren wird und ein anderer sehend, ist das kein Zeichen für die Ungerechtigkeit in Gottes Handeln;

Wenn jemand schön und ein anderer hässlich geboren wird;;

Wenn jemand gesund und ein anderer missgebildet geboren wird;

Wenn jemand reich und ein anderer arm geboren wurde;

wenn jemand in einer gläubigen Familie geboren wird und ein anderer in einer Familie, die der Wahrheit gegenüber feindlich eingestellt ist;

Nichts davon ist ein Zeichen der Unterdrückung Gottes gegenüber seinen Dienern. Wenn Gott nach seiner Weisheit und Klugheit einem Menschen einen Segen gibt und einem anderen vorenthält, so ist niemandes Recht verletzt worden. Was auch immer gegeben wurde, war eine Gnade. Imam Sajjad (AS), der vierte Nachfolger des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm), sagte in seinem Munajat ( Flüstergebet),

"Segnungen wurden von Anfang an ausgeteilt [als noch nichts existierte, das eine Existenz verdient hätte] . . wenn Du uns nicht mit einem Segen beschenkst, ist das keine Ungerechtigkeit"[10].

Gleichzeitig sollte beachtet werden, dass Gott aus seiner Barmherzigkeit heraus versprochen hat, dass er jeden Menschen nach seinen Fähigkeiten behandelt,

"لا يُكَلِّفُ اللَّهُ نَفْساً إِلَّا وُسْعَها"[11]

was bedeutet: "Gott wird niemanden mit Pflichten belasten, die er nicht tragen kann".

Wer mehr Segen genießt, hat auch ein größeres Maß an Verantwortung aufgrund dessen, was er besitzt. Menschen mit größerem Segen haben auch höhere Ansprüche an Gott.

  

Die göttliche Gerechtigkeit bei der Abrechnung mit den Taten seiner Diener

Die Schiiten glauben, dass alle Menschen nach dem Tod zu einem bestimmten Zeitpunkt, dem "Tag des Gerichts", wieder auferstehen werden. An diesem Tag werden sie sich vor einem göttlichen Gericht für ihr gesamtes Verhalten und ihre Taten verantworten müssen. Dieser Glaube, der eine der fünf Säulen des Glaubens in der schiitischen Denkschule ist, wird "Ma'ad" genannt [dieses Prinzip wird in einer anderen Lektion ausführlich analysiert]. Auf der Grundlage des Glaubens an die göttliche Gerechtigkeit glauben die Schiiten, dass Gott am Tag des Gerichts niemandem Unrecht tun wird. Mit anderen Worten: Er wird niemanden unterdrücken.

Im Heiligen Koran heißt es,

"Wir werden am Tag des Gerichts die Waage der Gerechtigkeit an ihren Platz stellen, so dass niemand unterdrückt werden wird"[12].

"An jenem Tag wird niemandem etwas angetan werden, und sie werden keine Belohnung erhalten, außer für das, was sie getan haben"[13].

Gott, der Allmächtige, hat aus Seiner Gnade und Barmherzigkeit heraus Seinen Dienern versprochen, dass jeder, der sich der Wahrheit unterwirft und gute Taten vollbringt, belohnt wird. Derjenige aber, der sich dem zuwendet, was Gott verboten hat, indem er sich von der Wahrheit und Aql abwendet, wird bestraft[14]. Aufgrund einer solchen Versprechung hoffen wir, dass Gott, der Barmherzige, diejenigen, die sich bemüht haben, Ihn zufrieden zu stellen, nicht auf die gleiche Weise behandelt wie die Sünder.

Aus diesem Grund haben die auserwählten Gesandten Gottes die Menschen immer wieder an die Hoffnung und die Furcht erinnert und Gott auf diese Weise angesprochen:

"يَا مَوْلَاي ... عَدْلُكَ مُهْلِكِي[15] "

Das bedeutet: "Oh mein Herr... Deine Gerechtigkeit wird mich vernichten".

Das heißt, wenn er mich mit vollkommener Gerechtigkeit behandeln würde, würde ich vernichtet werden. Ich stehe vor dem Herrn, den ich nicht so anerkannt habe, wie ich es sollte, und ich habe ihn nicht so verehrt, wie er verehrt werden sollte[16]. Ich habe keine Rechte, durch die ich es verdienen würde, gerettet und belohnt zu werden.

"إِلَهِي إِنْ عَفَوْتَ فَبِفَضْلِكَ وَ إِنْ عَذَّبْتَ فَبِعَدْلِك[17] "

Das bedeutet: "Oh mein Herr, wenn Du mir vergibst, so geschieht es aus Deiner Gnade, und wenn Du mich quälst, so geschieht es aus Deiner Gerechtigkeit".

Selbst wenn ich mein ganzes Leben lang nichts anderes tue, als Dich anzubeten, und Dich nicht einmal für einen Wimpernschlag vergesse, ist das Gewicht meiner Anbetung nichts im Vergleich zu Deiner Erhabenheit. Wie kann ich so unverschämt sein, mich für die guten Taten, zu denen Du mir die Gelegenheit gegeben hast, zu belohnen? Also, oh mein Herr und Besitzer der Herrschaft, behandle mich mit Deiner Gnade und Barmherzigkeit, nicht aus Deiner Gerechtigkeit heraus.

"اللَّهُمَّ إِنِّي أَسْأَلُكَ مِنْ رَحْمَتِكَ بِأَوْسَعِهَا ... اللَّهُمَّ إِنِّي أَسْأَلُكَ مِنْ فَضْلِكَ بِأَفْضَلِه"[18]

Oh mein Herr, ich bitte um Deine Barmherzigkeit durch ihre Weite.... Oh meine Gottheit, ich bitte um Deine Gnade in ihrem größten Ausmaß.

  

Prädestination oder freier Wille?

Eines der Themen, die bei der Betrachtung der göttlichen Gerechtigkeit häufig diskutiert werden, ist "Vorbestimmung oder freier Wille". Im Laufe der Geschichte haben verschiedene Menschen und Denkschulen immer wieder darüber debattiert, ob die Menschen in all ihren Handlungen völlig frei sind oder ob alle ihre Handlungen und Verhaltensweisen durch Gottes Willen festgelegt sind? Sind die Menschen gezwungen, einem Weg zu folgen, den Gott bereits für sie vorbestimmt hat? Auch außerhalb des streng religiösen Kontextes wird dieses Thema im Zusammenhang mit dem Determinismus (ein ähnlicher Glaube wie die Prädestination) und dem freien Willen immer wieder behandelt. In diesem Fall fragen sich die Menschen, ob die Handlungen und die Persönlichkeit eines Menschen das Ergebnis seiner DNA [die weitgehend vor seiner Geburt festgelegt wurde], seiner Umwelt oder eines anderen Faktors sind. Die Schlussfolgerung aus dieser Diskussion ist weitreichend, denn sie kann dazu verwendet werden, um festzustellen, ob Menschen für ihre Handlungen verantwortlich sind oder ob sie machtlose Marionetten sind, die Entscheidungen treffen, auf die sie keinen Einfluss haben.

Wenn wir feststellen, dass alle geschaffenen Wesen ihre gesamte Macht und Fähigkeit von dem allmächtigen Schöpfer beziehen, und dass, wenn Gott es nicht will, niemand etwas tun kann (لاَ قُوَّةَ إِلاَّ بِاللَّهِ[19]; Es gibt keine andere Macht als die Gottes), sind viele Menschen geneigt zu glauben, dass sie keinen Einfluss auf ihr Schicksal haben. Diese Logik scheint noch stärker zu sein, wenn man bedenkt, dass Gott im Voraus weiß, was seine Diener tun werden, und das Ergebnis jeder Entscheidung eines Menschen kennt. Ergebnis jeder Entscheidung, die ein Mensch treffen wird, kennt (أَنَّ اللَّهَ بِكُلِّ شَىْءٍ عَلِيمٌ[20]; Wahrlich, Gott weiß alle Dinge). Folglich glaubt diese Gruppe, dass der Mensch keine Wahl bei seinen Handlungen hat, sondern lediglich eine Marionette ist, die ein vorherbestimmtes Drehbuch ausführt. Diese Vorstellung wird "Prädestination" genannt. Anhänger der Prädestination glauben, dass die Wurzel aller menschlichen Handlungen eine Vorbestimmung durch Gott ist, oder in einem säkularen Kontext, dass die Wurzel aller menschlichen Handlungen entweder in der DNA oder in der Umwelt liegt. Dies würde bedeuten, dass alle unsere Taten, ob gut oder schlecht, Gott zugeschrieben werden und der Gedanke an Bestrafung oder Belohnung für unsere Handlungen sinnlos wird.

In einer solchen Welt würde die grundlegende Basis fast aller Religionen bedeutungslos werden. In der Tat wäre die gesamte Begründung für die Erschaffung der Menschheit fragwürdig. Die Propheten wurden alle gesandt, um die Menschen aufzufordern, Dinge zu tun, die dem Aql entsprechen, und sich von Taten fernzuhalten, die dem Aql widersprechen. In einer Welt jedoch, in der alles vorherbestimmt ist, wären die Handlungen eines jeden Menschen vorherbestimmt und würden sich vollständig nach Gottes Willen richten. Es hätte keinen Sinn, Menschen zu ermutigen oder von Handlungen abzubringen, die ihnen bereits vorherbestimmt sind.

In einer solchen Welt wäre Gott derjenige, der für all die Unterdrückung und die Verbrechen in der Geschichte verantwortlich ist, während die Menschen, die sie begangen haben, unschuldig wären und nur Marionetten, die gezwungen sind, ein vorherbestimmtes Drehbuch auszuführen.

Die schiitische Denkschule wendet sich entschieden gegen diese Denkweise und ist der Ansicht, dass, wie der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) sagte,

"Jemand, der Gott seiner Schöpfung ähnlich macht, hat ihn nicht erkannt. Wer Ihn mit den Sünden Seiner Diener in Verbindung bringt, betrachtet Ihn als ungerecht"[21].

Auch der Führer der Gläubigen, Imam Ali (AS), sagte,

"Gerechtigkeit ist, dass man Gott nicht anklagt"[22].

Der wichtigste Grund für die Ablehnung der Prädestination ist der Vejdan und unser angeborenes Wissen über unsere Taten. Wenn wir tief in uns hineinblicken und auf unsere Handlungen achten, wird uns klar, dass wir, wenn wir eine Handlung tun wollen, auch die Wahl haben, sie nicht zu tun. Und wenn wir uns entscheiden, eine Handlung nicht zu tun, werden wir feststellen, dass wir auch die Wahl hatten, sie zu tun. Im Gegensatz zu dem, was die Prädestination impliziert, ist der Mensch also frei in seiner Entscheidung, etwas zu tun oder nicht zu tun.

Es ist zweifellos wahr, dass die Quelle aller Macht und allen Willens in der Welt der allmächtige Gott ist. Die Menschen haben jedoch die freie Wahl, diese von Gott gegebene Macht zum Guten oder zum Bösen zu nutzen. Es besteht kein Zweifel daran, dass Gott die Macht hat, einen Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt von jeder Handlung abzuhalten. Gott will jedoch, dass die Menschen frei sind, damit sie die Prüfung dieses Lebens bestehen können. Gott sagt das,

"إِنَّا هَدَيْناهُ السَّبِيلَ إِمَّا شاكِراً وَ إِمَّا كَفُورا"[23]

Das bedeutet: "Wahrlich, Wir haben ihn auf den rechten Weg geführt; wenn sie wollen, können sie dankbar sein oder die Wahrheit verbergen."

Darüber hinaus ist Gottes Wissen nicht die Ursache für unsere Handlungen. Dies ist vergleichbar damit, dass ein Lehrer im Voraus wissen kann, dass ein bestimmter Schüler bei einem Test gut oder schlecht abschneiden wird. Das Wissen des Lehrers hat nicht dazu geführt, dass der Schüler die Prüfung bestanden oder nicht bestanden hat. In ähnlicher Weise zwingt uns Gottes Wissen über unsere Entscheidungen nicht zu einer bestimmten Handlung; vielmehr ist es unsere eigene Wahl.

  

Extremer freier Wille gegen extreme Prädestination

Am anderen Ende des Spektrums der Prädestination steht eine andere Weltanschauung, der freie Wille. Die Befürworter des freien Willens argumentieren, dass Gott seine Macht und Souveränität an die Menschheit abgegeben hat und keine Kontrolle mehr über die menschlichen Entscheidungen hat. Nach dieser Auffassung hat der Mensch absolute Willensfreiheit, und Gott ist nicht in der Lage, menschliche Handlungen zu verhindern.

Der größte Makel der [absoluten] Willensfreiheit ist, dass sie Gottes Macht und Herrschaft einschränkt und ihm die Eigenschaften von Schwäche und Ohnmacht verleiht. Die schiitische Denkschule hingegen glaubt, dass إِنَّ اللَّه عَلى كُلِّ شَيْءٍ قَدير"[24]", was bedeutet: "Wahrlich, Gott ist fähig, alles zu tun". Die Schiiten glauben, dass die Macht der geschaffenen Wesen der Macht des Schöpfers unterworfen ist und dass es im Universum keine Macht oder keinen Willen gibt, der größer ist als die Macht des Herrn der Himmel und der Erde. Außerdem ist Gott über jeden Fehler und jede Schwäche erhaben. Der Befehlshaber der Gläubigen, Imam Ali (AS), sagt dazu,

"Oh mein Herr, Deine Herrschaft und Herrschaft ist so groß... Deine Macht ist allumfassend, und es ist unmöglich, vor deiner Herrschaft zu fliehen"[25].

Gott erklärt, dass,

"Du willst und Ich will auch, aber nichts anderes als das, was Ich will, soll geschehen"[26] (Mit anderen Worten: Wenn du siehst, dass das, was du gewollt hast, erfüllt wurde, dann wisse, dass es Mein Wille war, dass dein Wille in Erfüllung geht, sonst könntest du ihn nie erfüllen).

Jeder kann sich an mindestens eine Situation in seinem Leben erinnern, in der er sich entschlossen hat, etwas zu tun, alle Voraussetzungen erfüllt hat, um es zu verwirklichen, aber aufgrund eines äußeren Faktors nicht in der Lage war, es zu tun. Andererseits kann sich jeder an mindestens ein Mal in seinem Leben erinnern, als er keine Hoffnung hatte, etwas zu erreichen, und es dennoch geschah, ohne dass er etwas unternahm. All diese Dinge, die manche Menschen als "Glück" und "Pech" bezeichnen, sind Zeichen der höchsten Macht und des höchsten Willens Gottes. Sie sind eine Erinnerung an das Marifat des allmächtigen Schöpfers für uns[27].

Lasst uns tief über die Worte Gottes nachdenken, als Er sagte,

"O Kind Adams, sei dir bewusst, dass du durch Meinen Wunsch und Meine Vorsehung in der Lage bist, das zu erreichen, was du für dich selbst willst.

Und es ist durch Meinen Willen, dass du das, was du dir wünschst, wünschen kannst.

Und es ist durch den Segen, den Ich euch gegeben habe, dass ihr die Macht habt, Mir nicht zu gehorchen.

Und durch Meinen Schutz, Meine Vergebung und die Gesundheit, die Ich dir gegeben habe, bist du in der Lage, die Pflichten zu erfüllen, die Ich dir auferlegt habe"[28].

Ein weiteres Problem der (absoluten) Willensfreiheit besteht darin, dass diese Sichtweise die Gebete und Bitten der Menschen um Hilfe von Gott sinnlos macht. Dies, obwohl die Propheten und göttlichen Gesandten immer um Hilfe von Gott, dem Allmächtigen, baten und die Menschen ermutigten, zu Gott zu beten.

  

Der schiitische Glaube: Weder Prädestination noch freier Wille

Wie erörtert, akzeptiert die schiitische Denkschule weder die Prädestination, die den menschlichen Willen und die Wahlmöglichkeiten verneint, noch die absolute Willensfreiheit, die Gottes Herrschaft und Souveränität in Frage stellt und davon ausgeht, dass der Mensch absolut frei und allein gelassen ist. Stattdessen glaubt die schiitische Denkschule, dass:

- Gott hat den Menschen aus seiner Gnade und Weisheit die Möglichkeit gegeben, eine Wahl zu treffen.

- Diese Macht und Wahlmöglichkeit ist nicht absolut und hebt Gottes Macht und Willen nicht auf. Vielmehr steht sie unter dem Befehl von Gottes Macht, und sicherlich ist der allmächtige Schöpfer fähiger und fähiger als die Menschheit.

- Die Macht, die Gott der Menschheit gibt, wird von Augenblick zu Augenblick gegeben. Es gibt keine festgelegte Menge an Macht oder freiem Willen, mit der Gott seine Geschöpfe im Moment der Geburt segnet und die sie bis zu ihrem Tod nutzen können. Die Segnungen, die er ihnen verleiht (einschließlich Existenz, Wissen, Verständnis, Macht, Wille und Gesundheit), können jederzeit wieder entzogen werden. Momentane Grundlage. Gott hat seinen Geschöpfen bei ihrer Geburt nicht eine bestimmte Menge an Macht und Segnungen gegeben, die sie bis zu ihrem Tod nutzen können (und die er ihnen auch nicht wieder nehmen kann). Er kann die Segnungen, die jemand hat, jederzeit ändern, sie erhöhen, verringern oder ganz wegnehmen.

- Es steht uns frei, die Macht, die Gott uns gegeben hat, angemessen oder unangemessen zu nutzen.

- Die Gelegenheit und die Mittel, um Gutes zu tun, werden uns von Gott gegeben. Wenn wir jedoch Gottes Macht und Segen in einer Weise nutzen, die er nicht gutheißt, ist das das Ergebnis unserer eigenen Unzulänglichkeiten, für die wir von Gott zur Rechenschaft gezogen werden[29].

- Gott kann uns jederzeit daran hindern, etwas zu tun, wenn er es will. Wenn Er uns jedoch nicht daran hindert, etwas zu tun, bedeutet das nicht, dass Gott für diese Handlungen oder Verhaltensweisen verantwortlich ist.

Imam Reza (AS), der achte Nachfolger des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm), hat diesbezüglich gesagt,

"Wenn Gott gehört wird, dann nicht aus Zwang und Nötigung [Ablehnung der Prädestination], und wenn Sünden begangen werden, dann nicht, weil er von seinen Dienern besiegt wurde [Ablehnung des absolut freien Willens]. Er hat seine Diener in seiner Herrschaft nicht allein gelassen, sondern er ist der Besitzer von allem, was er ihrem Willen überlassen hat, und er ist fähig, über alles zu verfügen, wozu er ihnen Macht gegeben hat. Wenn die Diener Ihm gehorchen wollen, wird Gott ihren Gehorsam nicht verhindern, und wenn sie Ihm nicht gehorchen wollen, kann Er sie daran hindern. Wenn Er aber eine Sünde nicht verhindert und sie sie begehen, dann hat Er sie nicht auf diesen Weg gebracht"[30].

Ein Beispiel, das uns helfen kann, diese Situation zu verstehen, ist, wenn mein Vater mir 1.000 Dollar für meine Ausbildung gibt. Nachdem er mir das Geld gegeben hat, steht es mir frei, es auszugeben, wie ich will. Ich könnte das Geld für Glücksspiele ausgeben oder es für meine Ausbildung verwenden. In ähnlicher Weise hat Gott uns Macht und Willen gegeben und uns gezeigt, wie wir seine Segnungen einsetzen sollen. Danach hat er uns die Freiheit gelassen, diese Gaben zu nutzen oder zu missbrauchen, wie wir es wollen.

Natürlich hat mein Vater die Macht und die Autorität, sein Geld zurückzunehmen, wann immer er es für nötig hält. In ähnlicher Weise ist unser Besitz der Gaben, die Gott uns gegeben hat, nicht absolut. Gott ist der endgültige Besitzer aller Dinge, einschließlich unserer Macht und unseres Willens, und kann sie zurücknehmen, wann immer er will.

Mein Vater wird mich natürlich dafür zur Rechenschaft ziehen, wie ich das Geld ausgegeben habe, das er mir gegeben hat, und ob ich auf ihn gehört habe oder nicht (so wie wir am Tag des Gerichts für unsere Taten zur Rechenschaft gezogen werden).

Das Geld für das auszugeben, worum er mich gebeten hat, mag zwar eine Pflichterfüllung sein, aber es ist keine außergewöhnliche Leistung. Ich habe die Mittel, die er mir gegeben hat, für mein eigenes Wohl verwendet. Wenn mein Vater dann beschließt, mir ein weiteres Geschenk zu machen, weil ich meiner Verantwortung nachgekommen bin, geschieht das nicht aus Gerechtigkeit, sondern aus seiner Güte heraus. In ähnlicher Weise belohnt Gott uns dafür, dass wir die Gaben, die er uns gegeben hat, so einsetzen, wie er es uns gezeigt hat, nicht aus Gerechtigkeit, sondern aus seiner Gnade heraus.

Wenn ich dagegen das Geld für Glücksspiele ausgegeben hätte, wäre er natürlich verärgert und würde mich dafür zur Rechenschaft ziehen, dass ich das Geld, das er mir für mein eigenes Weiterkommen gegeben hat, für etwas verschwendet habe, das mir schadet.

Wäre es nicht der Gipfel der Torheit und Absurdität, wenn ich meinem Vater sagen würde, dass er dafür verantwortlich ist, dass ich das Geld, das er mir gegeben hat, falsch verwendet habe? Das ist ähnlich, wie wenn Deterministen Gott für ihre Sünden verantwortlich machen.

Wenn mein Vater, nachdem ich mich entschlossen hatte, das Geld für ein Glücksspiel auszugeben, herausgefunden hätte, was ich tun wollte, mich aber gewähren ließ, wäre er nicht der Schuldige, selbst wenn er die Macht gehabt hätte, mich aufzuhalten.

Wenn ich das Geld richtig ausgegeben habe, sollte ich letztendlich dankbar sein, dass mein Vater mir das Geld aus seiner Güte heraus gegeben hat, damit ich mich weiterentwickeln kann. Wenn ich das Geld jedoch missbrauche, sollte ich mich entschuldigen und versprechen, meinen Fehler nicht zu wiederholen, anstatt meinem Vater unhöflich vorzuwerfen, dass er mich nicht davon abgehalten hat.

Ich hoffe, dieses Beispiel verdeutlicht einige der Fehler, die mit der deterministischen und der absoluten Willensfreiheit verbundenen Weltanschauung verbunden sind.

Nach der schiitischen Lehre führt der Glaube an Vorbestimmung oder absoluten freien Willen eine Person in die Irre. Stattdessen ist ein wahrer Gläubiger jemand, der glaubt, dass Gott jedem Menschen bestimmte Aufgaben (je nach seinen Fähigkeiten) zugewiesen hat, und ihm dann den Willen gegeben hat, diese Aufgabe aus freien Stücken zu erfüllen. Wenn sie also erfolgreich eine gute Tat vollbringen, danken sie Gott, und wenn sie eine Sünde begehen, bitten sie ihn um Vergebung[31].

     

Das Ergebnis des Glaubens an die göttliche Gerechtigkeit

Der Glaube an die göttliche Gerechtigkeit, wie er von der schiitischen Denkschule definiert wird, führt dazu, dass der Mensch seinem Schöpfer unter allen Umständen dankbar ist, denn:

- Gott ist uns nichts schuldig. Alles, was existiert, und alles, was uns gegeben wurde, ist ein Ergebnis von Gottes Gnade und Güte.

- Wenn sie eine gute Tat vollbringen, die eine göttliche Belohnung zur Folge hat, werden sie dankbar sein, denn die Gelegenheit und die Fähigkeit, diese Tat auszuführen, stammen von Gott[32].

Unter solchen Umständen wird eine Person zum Schöpfer Zuflucht nehmen und sagen,

"إِلَهِي وَ رَبِّي مَنْ لِي غَيْرُك[33] "

Oh meine Gottheit und mein Herr, wen habe ich außer Dir?

"فَارْحَمْ عَبْدَكَ الضَّعِيف[34]"

So habt Erbarmen mit diesem schwachen Diener.

Die Schiiten wissen, dass ihnen all ihre Macht, ihr Wille und ihre Segnungen nur von Moment zu Moment gegeben werden, und dass ihr wahrer Herr sie jederzeit zurücknehmen kann, wenn er es wünscht. Daher kennen sie den Wert jedes Augenblicks und bemühen sich, die Macht und die Segnungen, die ihnen von ihrem gütigen Herrn gegeben wurden, zu Seiner Zufriedenheit und nicht zur Sünde zu nutzen.

Der Glaube an die göttliche Gerechtigkeit veranlasst die Schiiten, besonders vorsichtig mit ihren Absichten und Handlungen umzugehen und andere Menschen vor ihren Gedanken, Worten und Taten zu schützen.

   

Hauptpunkte dieser Lektion

- Das Thema der göttlichen Gerechtigkeit ist sowohl mit Tawhid als auch mit Ma'ad verbunden. Daher hat es einen großen Einfluss auf die Ideologie und die Art und Weise, wie eine Person mit anderen Menschen und ihrem Schöpfer umgeht.

- Normalerweise wird Gerechtigkeit als die Erfüllung der Rechte anderer Menschen definiert, aber diese Definition ist für die göttliche Gerechtigkeit nicht geeignet.

- Der Glaube an die göttliche Gerechtigkeit ist die Akzeptanz des Glaubens, dass Gott niemals ungerecht mit jemandem umgeht.

- Die Auffassung, dass Gott gerecht und rein von jeglicher Unterdrückung ist, ist eine der Ebenen des Tawhid

- Gott hat uns erschaffen und uns mit unendlichen Segnungen beschenkt.

- Unterschiede in der Schöpfung werden nicht als Ungerechtigkeit oder Unterdrückung gegenüber irgendjemandem betrachtet. Denn niemand hat ein Anrecht auf irgendetwas von Gott. Das bedeutet, dass Unterschiede in der Anzahl der Segnungen in der Schöpfung keine Verletzung der Rechte von irgendjemandem darstellen. Darüber hinaus hat jeder, dem mehr Segen zuteil wird, mehr Verantwortung für das, was er besitzt.

- Da alle Macht von Gott ausgeht und nichts vor seinem Wissen verborgen ist, glaubt eine Gruppe von Menschen fälschlicherweise, dass die Menschen Marionetten in den Händen Gottes sind und keinen eigenen Willen haben. Diese Menschen werden "Deterministen" genannt.

- Der größte Fehler der Deterministen besteht darin, dass sie alle Sünden und Fehler der Menschheit auf Gott zurückführen.

- Der zwingendste Grund, die Prädestination abzulehnen, ist das jedem Menschen angeborene Wissen und Verständnis für seine eigenen Zustände und Handlungen.

- Dass Gott über die Handlungen seiner Diener Bescheid weiß, bedeutet nicht, dass sie zu diesen Handlungen gezwungen sind.

- Am anderen Ende des Spektrums gibt es eine andere Gruppe von Menschen, die an den absolut freien Willen glauben. Diese Gruppe glaubt, dass Gott seine gesamte Macht und Herrschaft an die Menschen abgegeben hat und keine Kontrolle mehr über die menschlichen Handlungen hat.

- Der größte Irrtum derjenigen, die an die absolute Willensfreiheit glauben, besteht darin, dass sie Gottes Macht und Herrschaft für begrenzt halten und Gott für schwach und ohnmächtig halten. Dies steht im Gegensatz zu den schiitischen Lehren, nach denen die Macht der geschaffenen Wesen der Macht des Schöpfers untersteht. Die Schia glaubt, dass es keine höhere Macht als den Herrn des Himmels und der Erde gibt und dass Gott über jede Schwäche oder jeden Fehler erhaben ist.

- Sowohl der Glaube an die Vorbestimmung als auch der Glaube an die absolute Willensfreiheit führen zur Irreführung. Die schiitische Denkschule wendet sich gegen beide Weltanschauungen.

- Die Macht, die den Menschen gegeben wurde, ist nicht absolut oder ewig. Gott hat jedem Menschen ein gewisses Maß an Eigentum zugestanden, je nachdem, wie viel er für richtig hält. Wann immer Gott will, kann er diese Macht in einem von ihm gewünschten Umfang zurücknehmen.

- Es steht uns frei, die Macht, die Gott uns gegeben hat, sowohl für gute als auch für böse Taten zu nutzen.

- Sowohl die Möglichkeit als auch die Mittel, gute Taten zu vollbringen, werden von Gott gewährt. Wenn ein Mensch beschließt, die Macht und den Segen, die ihm von Gott gegeben wurden, in einer Weise zu nutzen, die ihm missfällt, ist dies ein Fehler des Menschen, für den er eines Tages zur Rechenschaft gezogen wird.

- Wenn Gott es will, kann er einen Menschen von jeder Handlung abhalten. Wenn er beschließt, sie nicht daran zu hindern, etwas zu tun, bedeutet das nicht, dass Gott für diese Handlung verantwortlich ist.

- Der Glaube an die göttliche Gerechtigkeit hat zur Folge, dass sich die Schiiten stets in einem Zustand der Hoffnung und der Angst befinden. Eine schiitische Person wird besonders vorsichtig mit ihren Absichten, Verhaltensweisen und Handlungen sein. Andere Menschen werden vor seinen Gedanken, Worten und Taten völlig sicher sein.

    


[1]

"يَا مُبْتَدِئاً بِالنِّعَمِ قَبْلَ اسْتِحْقَاقِهَا"

Bihar al-Anwar, Band 92, Seite 282.

Imam Hussain (AS), der dritte Nachfolger des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm), erklärte folgendes über seinen Herrn,

"اِبْتَدَاْتَنى بِنِعْمَتِكَ قَبْلَ اَنْ اَكُونَ شَيْئاً مَذْكُورا"

Das bedeutet: "Du hast meine Existenz mit Segnungen begonnen, bevor ich ein Geschöpf war, das erwähnt werden konnte". Ein Auszug aus Dua Arafa, Bihar al-Anwar, Band 95, Seite 216.

[2] Imam Sajjad (AS), der vierte Nachfolger des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm), betete zu Gott wie folgt,

"مِنَّتُكَ ابْتِدَاءٌ ... وَ إِنْ مَنَعْتَ لَمْ يَكُنْ مَنْعُكَ تَعَدِّياً"

was soviel bedeutet wie: "Deine Segnungen sind von Anfang an ausgegossen worden [als ich noch kein Verdienst hatte, ins Leben zu treten] . . und wenn Du mich nicht mit einem Segen beschenkst, ist es keine Unterdrückung". Bittgebet 45 von Al-Sahifa al-Sajjadiyya, Seite 192.

[3]

"قَدْ عَلِمْتُ أَنَّهُ لَيْسَ فِي حُكْمِكَ ظُلْمٌ ... وَ إِنَّمَا يَحْتَاجُ إِلَى الظُّلْمِ الضَّعِيفُ، وَ قَدْ تَعَالَيْتَ- يَا إِلَهِي- عَنْ ذَلِكَ عُلُوّاً كَبِيرا"

Bittgebet 48 aus Al-Sahifa al-Sajjadiyya, Seite 240.

[4]

"وَ مَا اللَّهُ يُريدُ ظُلْماً لِلْعالَمين"

Der Heilige Koran, Surah Ali 'Imran (3:108).

[5]

"إِنَّ اللَّهَ لا يَظْلِمُ مِثْقالَ ذَرَّة"

Der Heilige Koran, Surah An-Nisa (4:40).

[6] Heiliger Koran, Surah Al-Anbya (21:23).

[7] Heiliger Koran, Sure Ali 'Imran (3:182); Sure Al-Anfal (8:51); Surah Al-Hajj (22:10).

[8] Zum Beispiel lesen wir im Heiligen Koran Folgendes,

"لَعْنَةُ اللَّهِ عَلَى الظَّالِمِين"

Das bedeutet: "Gottes Fluch über die Unterdrücker". Der Heilige Koran, Surah Al-A'raf (7:44).

"وَ اللَّهُ لا يُحِبُّ الظَّالِمِين"

Das heißt: "Gott mag die Unterdrücker nicht". Der Heilige Koran, Surah Ali 'Imran (3:57).

"إِنَّ الظَّالِمِينَ لَهُمْ عَذابٌ أَلِيم"

das heißt: "Wahrlich, es gibt eine schmerzhafte Qual für die Unterdrücker". Der Heilige Koran, Surah ash-Shuraa (42:21).

[9]

"إِنَّ أَسَاسَ الدِّينِ التَّوْحِيدُ وَ الْعَدْلُ ... أَمَّا التَّوْحِيدُ فَأَنْ لَا تُجَوِّزَ عَلَى رَبِّكَ مَا جَازَ عَلَيْكَ وَ أَمَّا الْعَدْلُ فَأَنْ لَا تَنْسُبَ إِلَى خَالِقِكَ مَا لَامَكَ عَلَيْهِ"

Al-Tawhid (von Saduq), Seite 96.

[10] Siehe Fußnote 2.

[11] Der Heilige Koran, Sure Al-Baqara (2:296).

[12]

"وَ نَضَعُ الْمَوازينَ الْقِسْطَ لِيَوْمِ الْقِيامَةِ فَلا تُظْلَمُ نَفْسٌ شَيْئاً وَ إِنْ كانَ مِثْقالَ حَبَّةٍ مِنْ خَرْدَلٍ أَتَيْنا بِها وَ كَفى بِنا حاسِبينَ"

Der Heilige Koran, Surah Al-Anbya (21:47).

[13]

"فَالْيَوْمَ لا تُظْلَمُ نَفْسٌ شَيْئاً وَ لا تُجْزَوْنَ إِلاَّ ما كُنْتُمْ تَعْمَلُونَ"

Der Heilige Koran, Surah Ya Sin (36:54).

[14] Zum Beispiel lesen wir im Heiligen Koran folgendes,

"وَ بَشِّرِ الَّذِينَ ءَامَنُواْ وَ عَمِلُواْ الصَّالِحَاتِ أَنَّ لَهُمْ جَنَّاتٍ تَجْرِى مِن تَحْتِهَا الْأَنْهَارُ ..."

Das bedeutet: "Gib denen, die glauben und gute Werke tun, die frohe Botschaft, dass Gärten für sie im Himmel angelegt worden sind, unter denen Flüsse fließen". Der Heilige Koran, Surah Al-Baqara (2:25).

"مَن كَسَبَ سَيِّئَةً وَ أَحَاطَتْ بِهِ خَطِيَتُهُ فَأُوْلَئكَ أَصْحَابُ النَّار ..."

Das bedeutet: "Jeder, der eine schlechte Tat begeht und von seiner Sünde umgeben ist, wird ein Bewohner des Feuers sein". Der Heilige Koran, Surah Al-Baqara (2:81).

"مَن جَاءَ بِالحَسَنَةِ فَلَهُ عَشرُ أَمْثَالِهَا وَ مَن جَاءَ بِالسَّيِّئَةِ فَلَا يیُجْزَى إِلَّا مِثْلَهَا وَ هُمْ لَا يُظْلَمُوا"

Das bedeutet: "Wer immer eine gute Tat vollbringt, wird einen zehnfachen Lohn (von Gott) erhalten, und wer immer eine schlechte Tat begeht, wird in gleichem Maße bestraft werden wie seine Tat, und er wird nicht unterdrückt werden". Surah Al-An'am (6:160).

[15] Imam Hussain (AS), der dritte Nachfolger des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm), wie in Arafa Dua, Bihar al-Anwar, Band 95, Seite 222 beschrieben.

[16] Der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) sagte in seinen Gebeten zu Gott,

"مَا عَبَدْنَاكَ حَقَّ عِبَادَتِكَ وَ مَا عَرَفْنَاكَ حَقَّ مَعْرِفَتِك"

Das bedeutet: "Ich habe Dich nicht so angebetet, wie Du es verdienst, angebetet zu werden, und habe Dich nicht so anerkannt, wie Du es verdienst, anerkannt zu werden." Bihar al-Anwar, Band 78, Seite 23.

[17] Imam Ali (AS), Bihar al-Anwar, Band 91, Seite 107.

[18] Imam Baqir (AS), der fünfte Nachfolger des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm). Bihar al-Anwar, Band 94, Seite 370.

[19] Der Heilige Koran, Surah Al-Kahf (18:39).

[20] Heiliger Koran, Sure Al-Baqara (2:231).

[21]

"ما عَرَفَ اللّه َ مَن شَبَّهَهُ بِخَلقِهِ و لا وَصَفَهُ بِالعَدلِ مَن نَسَبَ إلَيهِ ذُنوبَ عِبادِهِ"

Al-Tawhid (von Saduq), Seite 47.

[22]

"التَّوْحِيدُ أَنْ لَا تَتَوَهَّمَهُ وَ الْعَدْلُ أَنْ لَا تَتَّهِمَه"

Bihar al-Anwar, Band 5, Seite 52.

[23] Der Heilige Koran, Surah Al-Insan (76:3).

Es gibt etwa 300 weitere Verse im Heiligen Koran, die betonen, dass der Mensch für sein eigenes Handeln verantwortlich ist. Darüber hinaus gibt es etwa 80 Verse, die besagen, dass die Sünden das Ergebnis der eigenen Entscheidungen der Menschen sind, und die besagen, dass Unterdrückung fern von Gott ist. Im Heiligen Koran heißt es zum Beispiel,

"وَ ما ظَلَمَهُمُ اللَّهُ وَ لكِنْ كانُوا أَنْفُسَهُمْ يَظْلِمُونَ * فَأَصابَهُمْ سَيِّئاتُ ما عَمِلُوا"

Das bedeutet: "Gott hat sie nicht unterdrückt, sondern sie haben sich selbst unterdrückt. So erreichten sie die schlechten Folgen ihrer Taten". Surah An-Nahl (16:33-34).

[24] Heiliger Koran, Surah al-Baqara (2:20,109,148); Surah Ali 'Imran (3:165); Surah An-Nahl (16:77); Surah an-Nur (24:45); Surah Al-'Ankabut (29:20); Surah Fatir (35:1); Surah at-Talaq (65:12).

[25] Eine Ausnahme, von Dua Kumayl,

"اللَّهُمَّ عَظُمَ سُلْطَانُكَ وَ عَلَا مَكَانُكَ، وَ خَفِيَ مَكْرُكَ وَ ظَهَرَ أَمْرُكَ، وَ غَلَبَ قَهْرُكَ وَ جَرَتْ قُدْرَتُكَ، وَ لَا يُمْكِنُ الْفِرَارُ مِنْ حُكُومَتِك"

Zad al-Ma'ad, Seite 61.

[26]

"تُرِيدُ وَ أُرِيدُ وَ لَا يَكُونُ إِلَّا مَا أُرِيد"

Überliefert von Imam Ali (AS), Al-Tawhid (von Saduq), Seite 337.

[27] Imam Ali (AS) hat erklärt,

"عَرَفْتُ اللَّهَ سُبْحَانَهُ بِفَسْخِ الْعَزَائِمِ وَ حَلِّ الْعُقُودِ"

was bedeutet: "Ich habe Gott durch das Aufbrechen des Willens und das Öffnen der Knoten erkannt". Bihar al-Anwar, Band 5, Seite 197.

[28]

"یَا ابْنَ آدَمَ بِمَشِیَّتِی کُنْتَ أَنْتَ الَّذِی تَشَاءُ لِنَفْسِکَ مَا تَشَاءُ وَ بِإِرَادَتِی کُنْتَ أَنْتَ الَّذِی تُرِیدُ لِنَفْسِکَ مَا تُرِیدُ وَ بِفَضْلِ نِعْمَتِی عَلَیْکَ قَوِیتَ عَلَی مَعْصِیَتِی وَ بِعِصْمَتِی وَ عَفْوِی وَ عَافِیَتِی أَدَّیْتَ إِلَیَّ فَرَائِضِی"

Wie vom Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm) überliefert, Al-Tawhid (von Saduq), Seite 340.

[29] Gott, der Allmächtige, hat der Menschheit erklärt, dass,

"ما أَصابَكَ مِنْ حَسَنَةٍ فَمِنَ اللَّهِ وَ ما أَصابَكَ مِنْ سَيِّئَةٍ فَمِنْ نَفْسِک"

Das bedeutet: "Was immer an Gutem zu euch kommt, ist von Gott, und was immer an Schlechtem zu euch kommt, ist von euch selbst." Heiliger Koran, Surah An-Nisa (4:79).

Er sagt auch aus,

"ذلِكَ بِما قَدَّمَتْ أَيْديكُمْ وَ أَنَّ اللَّهَ لَيْسَ بِظَلاَّمٍ لِلْعَبيدِ"

Das bedeutet: "Dies [die Qualen am Tag des Jüngsten Gerichts] ist das Ergebnis eurer eigenen Handlungen, sonst würde Gott Seine Diener sicherlich nicht unterdrücken". Heiliger Koran, Surah Al-Anfal (8:51) und Surah Ali 'Imran (3:182).

[30]

"إِنَّ اللَّهَ عَزَّ وَ جَلَّ لَمْ يُطَعْ بِإِكْرَاهٍ وَ لَمْ يُعْصَ بِغَلَبَةٍ وَ لَمْ يُهْمِلِ الْعِبَادَ فِي مُلْكِهِ هُوَ الْمَالِكُ لِمَا مَلَّكَهُمْ وَ الْقَادِرُ عَلَى مَا أَقْدَرَهُمْ عَلَيْهِ فَإِنِ ائْتَمَرَ الْعِبَادُ بِطَاعَتِهِ لَمْ يَكُنِ اللَّهُ عَنْهَا صَادّاً وَ لَا مِنْهَا مَانِعاً وَ إِنِ ائْتَمَرُوا بِمَعْصِيَتِهِ فَشَاءَ أَنْ يَحُولَ بَيْنَهُمْ وَ بَيْنَ ذَلِكَ فَعَلَ وَ إِنْ لَمْ يَحُلْ وَ فَعَلُوهُ فَلَيْسَ هُوَ الَّذِي أَدْخَلَهُمْ فِيهِ"

Al-Tawhid (von Saduq), Seite 361.

[31] Imam Sadiq (AS), der sechste Nachfolger des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm), erklärte,

"النَّاسُ فِي الْقَدَرِ عَلَى ثَلَاثَةِ أَوْجُهٍ رَجُلٍ زَعَمَ أَنَّ اللَّهَ عَزَّ وَ جَلَّ أَجْبَرَ النَّاسَ عَلَى الْمَعَاصِي فَهَذَا قَدْ ظَلَّمَ اللَّهَ عَزَّ وَ جَلَّ فِي حُكْمِهِ وَ كَافِرٌ وَ رَجُلٍ يَزْعُمُ أَنَّ الْأَمْرَ مُفَوَّضٌ إِلَيْهِمْ فَهَذَا وَهَّنَ اللَّهَ فِي سُلْطَانِهِ فَهُوَ كَافِرٌ وَ رَجُلٍ يَقُولُ إِنَّ اللَّهَ عَزَّ وَ جَلَّ كَلَّفَ الْعِبَادَ مَا يُطِيقُونَ وَ لَمْ يُكَلِّفْهُمْ مَا لَا يُطِيقُونَ فَإِذَا أَحْسَنَ حَمِدَ اللَّهَ وَ إِذَا أَسَاءَ اللَّهَ فَهَذَا مُسْلِمٌ بَالِغ"

Das bedeutet: "Die Menschen werden in Bezug auf ihr Schicksal in drei Gruppen eingeteilt. [Die erste Gruppe:] Diejenigen, die glauben, dass Gott die Menschen zur Sünde gezwungen hat. Eine solche Person hat Gott gegenüber Unrecht getan und ist ein Ungläubiger. [Die zweite Gruppe:] Derjenige, der glaubt, dass Gott den Menschen alles überlassen hat. Eine solche Person hat Gottes Herrschaft beleidigt und ist ein Ungläubiger. [Die dritte Gruppe:] Die Person, die glaubt, dass Gott seine Diener nach ihren Fähigkeiten belastet hat, nicht mehr, als sie zu bewältigen imstande sind. Wenn sie eine gute Tat vollbringen, danken sie Gott, und wenn sie sündigen, bereuen sie vor Gott. Eine solche Person ist ein vollkommener Muslim". Al-Tawhid (von Saduq), Seite 360-361.

[32] Gott sagt Folgendes,

"یَا ابْنَ آدَمَ ... بِعِصْمَتِی وَ عَفْوِی وَ عَافِیَتِی أَدَّیْتَ إِلَیَّ فَرَائِضِی"

Das bedeutet: "Oh Kind Adams ... es ist wegen Meines Schutzes für dich, Meiner Vergebung und der Gesundheit, die Ich dir gegeben habe, dass du in der Lage bist, die Verpflichtungen zu erfüllen, die Ich dir gegeben habe." Wie vom Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm) gesagt, Al-Tawhid (von Saduq), Seite 340.

Gott sagt auch,

"ما أَصابَكَ مِنْ حَسَنَةٍ فَمِنَ اللَّهِ وَ ما أَصابَكَ مِنْ َيِّئَةٍ فَمِنْ نَفْسِک"

Das bedeutet: "Was immer an Gutem zu euch kommt, ist von Gott, und was immer an Schlechtem zu euch kommt, ist von euch selbst." Der Heilige Koran, Surah An-Nisa (4:79).

[33] Imam Ali (AS), Zad al-Ma'ad, Seite 60.

[34] Imam Sadiq (AS), der sechste Nachfolger des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm), Bihar al-Anwar, Band 95, Seite 265.

 

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